Verzerrungen bei jeder Art von Verstärkern können unterschiedliche Ursachen haben:
Neben klangverschlechternden Bauteilen und Störungen vom Netzteil, hauptsächlich
die Unlinearität der Kennlinien von Transistoren oder Röhren. Die beiden
erstgenannten Störungen lassen sich durch sorgfältige Entwicklung und geeignete
Materialwahl schon lange minimieren. Anders das Durchlaufen der Kennlinien: Wären
die Kennlinien gerade, wäre es sehr viel einfacher, gut klingende Verstärker zu bauen.
Sie sind es aber weder bei Röhren noch bei Transistoren.
Die übliche Art, die entstandenen Verzerrungen zu eliminieren ist die Über-Alles-
Gegenkopplung (Negative Feed Back = NFB), die das Problem scheinbar löst – jedoch
nur für eingeschwungene Signale. Leider sind die Verzerrungen bei den üblichen
Messungen nicht zu erkennen, deshalb meinen die meisten Entwickler, dass sie nicht
existieren.
(Die von Mati Otala entdeckte TIM = Transiente Intermodulation stellt nur die Spitze des
Eisbergs dar.)
Carlos Candeias ist es jedoch gelungen, diese Verzerrungen nachzuweisen, die
kurzzeitig auftreten und durchaus hörbar sind. Aus dieser Erkenntnis heraus begann
die Entwicklung von Verstärkern, die ohne Über-Alles-Gegenkopplung auskommen und
trotzdem geringe messbare Verzerrungen produziert. (Es gibt durchaus auch andere
Verstärker, die ohne NFB arbeiten, besonders Trioden-Röhren-Verstärker, die aber
deutlich messbare und hörbare Verzerrungen produzieren, welche oft jedoch als
angenehmer empfunden werden als die kurzzeitig auftretenden Verzerrungen durch
NFB, die in der Natur kein Äquivalent haben.)
LEF vermeidet diese Verzerrungen bei der Entstehung, statt sie nachträglich zu
korrigieren. Der Clou der LEF-Schaltung ist, dass der Signal-Leistungstransistor – das
ist der, den der Lautsprecher wahrnimmt – weder seine Spannungs- (Uce) Kennlinie
durchläuft, noch seine Strom- (Ic) Kennlinie.
Schon seit etlicher Zeit kann das Durchlaufen der Spannungskennlinie mittels einer
Kaskode vermieden werden, allerdings ist das bei Leistungsverstärkern mit
Wirkungsgrad- und/oder Leistungs-Verlust verbunden. Da bei LEF der Signaltransistor
nicht den Strom „stemmen“ muß, fallen hier auch keine großen Leistungsverluste an.
Der deutliche Fortschritt gelang durch die Stromentlastung des Signaltransistors. „LEF“
steht für „Load Effect Free“, was bedeutet, daß der Signaltransistor nicht mit der „Last“
(z. B. Lautsprecher) belastet wird, also nicht den Strom liefern muß, den der
Lautsprecher „frißt“.
Üblichen Verstärkern hört man schon weit innerhalb ihres Leistungsbereichs an, ob es
sich um eine filigrane „Balett-Tänzerin“ oder einen bulligen „Schwergewichtler“ handelt.
Dem LEF-Verstärker ist seine Leistungklasse nicht anzuhören, solange seine Grenzen
nicht erreicht werden. Das liegt daran, dass der eigentliche Signaltransistor sehr
feinfühlig, schnell und filigran ausgelegt ist, während die Stromlieferanten auf Kraft
gezüchtet sind.
Der Signaltransistor und die Stromlieferanten sind jedoch nicht einfach parallel
geschaltet, sondern so, dass der Signaltransistor das verstärkte Musiksignal empfängt,
während die Stromlieferanten so geschaltet sind, daß sie nur den Strom „zuschießen“,
den der Signaltransistor nicht liefern soll.
Die Last, hier meist der Lautsprecher, sieht jedoch – ganz im Gegensatz zur
Stromlieferfähigkeit - nur den Signaltranssistor, der als Spannungsquelle niederohmig
ist, während die Stromlieferanten als Stromquelle prinzipbedingt hochohmig sind.
Sollten sich die Stromlieferanten also kleine Ungenauigkeiten erlauben, werden sie vom
flinken und präzisen Signaltransistor „überstimmt“.
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Hier eine Verbildlichung des LEF-Verstärker-Prinzips:
Stellen Sie sich vor, Leonardo da Vinci hat den Auftrag, die Sixtinische Kapelle
vollständig und sehr detailreich auszumalen. (Leonardo da Vinci ist hier der LEFSignaltransistor.)
Der Bereich, wo er seinen berühmten Pinselstrich am leichtesten ausführen kann, ist
auf der Höhe seiner Brust.
Da die Kapelle jedoch sehr hoch ist (was der Spannungs-Uce-Kennlinie entspricht),
steht er auf einer beweglichen Bühne, die ihn immer auf die optimale Höhe hebt, damit
er vor seiner Brust malen kann. (Die Bühne ist hier der Kaskode-Transistor.)
Nur muß er gleichzeitig alle seine schweren Farbeimer (entsprechend der Strom-Ic-
Kennlinie) auf seinen Armen tragen – unmöglich, unter solchen Bedingungen fein zu
zeichnen. Jedoch hat Leonardo da Vinci sehr starke Helfer, die seine Farbeimer
stemmen, sodass er wieder sehr fein seinen Pinsel führen kann. (Die starken Helfer
sind hier die Stromentlastungs-Transistoren.)
...wenn Sie sich jetzt noch vorstellen können, dass Leonardo da Vinci mit beiden
Händen malt, mit großen und kleinen Pinseln gleichzeitig hantiert, eine riesige
Farbpalette verwendet und dann noch alles atemberaubend schnell geht – dann haben
Sie weitgehend verstanden, was LEF leisten kann.
Übrigens: Bei üblichen Verstärkern muß der Maler seine Eimer ständig selbst tragen
während er malt! |